
Die Pubertät ist doch mit die schönste Zeit, wenn man einen Hund hat. So lernt man sich nochmal ganz neu kennen. Man lernt quasi nochmal von vorn, da man ja alles Gelernte entweder nicht mehr hört (spontaner Verlust des Gehörs gehört ja dazu) oder vergessen hat.
Mit Lenny ist also nach wie vor spannend. Er ist 2,5 Jahre alt. Immer wenn ich behaupte, wir haben die Pubertät hinter uns gelassen, denkt er sich "nee, ich mache nochmal ne Runde". Ich bin ehrlich, es war am Anfang mit ihm generell schwer. Was bin ich im Winter heulend übers Feld gelaufen bei 2 Grad und Eisregen, weil er einfach nicht gehört hat. Weil er als Welpe gelernt hat, dass Häufchen fressen eine super Sache ist, um zu überleben. Und weil er halt ständig dadurch Parasiten bekommen hat. Eine Geschichte, die niemals endet und Geld und Nerven kostet.
Habe ich daran gedacht, dass ich das nicht schaffe und ihn zurückbringe in den Tierschutz. Ja, ein Dutzend mal. Habe ich es dann natürlich nicht gemacht, weil er sich auf der anderen Seite so unfassbar viel Mühe gegeben hat, alles in seinem Rahmen richtig zu machen? Auch ja. Und aufgeben und Tiere zurückgeben ist genauso ausgeschlossen wie eins von den Kindern umzutauschen. Das ist halt nur ein Gedanke, weil man verzweifelt ist. Eine Entscheidung, sich diesem Tier anzunehmen wird nur in absoluten Ausnahmezuständen geduldet - aber soweit muss es erst kommen und nicht, weil das Tier nicht wie gewünscht "funktioniert".
Ich kann aber jetzt sagen: Nach der Heulerei, den guten Tagen und den weniger guten hat er so viele Schritte geschafft, die nur entstehen wenn man einem unsicheren Hund den Raum gibt, sich selbst zu finden und mutiger zu werden. Da braucht es Liebe und Geduld und irgendwie Verständnis. Lenny muss man auch jetzt manchmal in den Arm nehmen, weil er nicht Auto fahren mag. Aber er macht es trotzdem. Dann für uns. Ein Geben und Nehmen. Wir haben Lenny nicht umsonst nach Leonhard benannt. "Der mutige Löwe".
Und eigentlich freut man sich über jeden Babystep. Er hat so viel geschafft, was früher undenkbar war. Einen Raum betreten, obwohl dort anderer Bodenbelag liegt als im Raum davor. Über Holzbrücken gehen - ok, das nur mit möglichst weit ausgefahrenen Zehen :D - oder man hat einfach das Gefühl, er ist gern bei uns. Er hört, weil wir ein Team geworden sind. Weil ein gutes Team hat nicht nur erfolgreiche Zeiten. Das wächst erst zusammen, wenn es auch mal schlecht läuft.
Hundeerziehung ist also so viel mehr als nur Hundeschule. Es ist Partnerschaft und genauso wie in einer Partnerschaft braucht es Geduld, Verständnis für ein anderes Individuum und Liebe. Bei Hunden kommt dann noch Konsequenz hinzu, die gerade Angsthunden hilft, sich zu orientieren und Routine, um sicherer im Alltag zu werden.
Alles in Allem ist Lenny ein toller Hund und auch wenn es harte Zeiten waren, möchten wir ihn in unserer Familie nicht missen.
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